Unfassbar !!!! Autoknacker bauen geklaute Navis ein
Dreiste Diebstähle (veröffentlicht am 22.08.2014 im Hamburger Abendblatt)
Hamburger Autoknacker bauen geklaute Navis in Fahrzeuge ein
Hamburg. Es klingt unglaublich: Autoknacker stehlen aus Fahrzeugen Navigationsgeräte und bauen bei der Tat gleich ein baugleiches, zuvor gestohlenes Gerät wieder ein. Was im ersten Moment sinnlos erscheint, hat einen Grund. Das Opfer glaubt an einen Autoaufbruch, bei dem nur „Kleinkram“ aus dem Wagen entwendet wurde, und meldet sein Navigationsgerät nicht als gestohlen. Die Täter haben damit ein nicht zur Fahndung ausgeschriebenes Gerät, das sie deutlich besser verkaufen können und für das sie deutlich mehr Geld bekommen. Der Polizei sind mehrere Fälle bekannt.
Über ein beim Online-Auktionshaus Ebay erworbenes Navigationsgerät war die Polizei dieser Masche auf die Schliche gekommen. Der Käufer hatte es nach dem Erwerb noch einmal von der Polizei im bayerischen Passau überprüfen lassen. Dort sitzt eine Dienststelle, die sich auf die Bekämpfung von Kriminalität rund um das Navi spezialisiert hat. Dort stellte man fest, dass das Gerät vom Typ RNS510, Neupreis rund 2500 Euro, nicht als gestohlen gemeldet war. Allerdings war es bereits ab Werk in den VW Golf eines Hamburgers eingebaut worden. Der hatte zwar einen Autoaufbruch bei der Polizei angezeigt. Dabei war aber laut Betroffenen nur eine Brille gestohlen worden.
Eine Überprüfung seines Navigationsgeräts durch Hamburger Polizisten zeigte: ein Irrtum. Denn das Navi, das er jetzt im Auto hatte, sah zwar aus wie seins – es war aber zuvor in Schleswig-Holstein gestohlen worden. „Was aufwendig wirkt, ist es in der Praxis aber nicht“, so ein Beamter. „Der Ausbau eines Navigationsgeräts und auch der Einbau sind für professionelle Täter nur eine Sache von Minuten.“ Das ist, so war aus Polizeikreisen zu erfahren, ein deutlich geringerer Aufwand, als wenn an einem gestohlenen Navi die individuelle Gerätenummer und der dazu passende Aufkleber gefälscht werden müssen. Die Täter, weiß die Polizei, sind in fast allen Fällen polnische oder litauische Gruppierungen. Sie haben auch Spezialisten, die mithilfe einer mittlerweile im Internet kursierenden Software bei gestohlenen Geräten den als Sicherung gedachten PIN-Code umgehen und die digitale Gerätenummer manipulieren können.
Der Verkauf der gestohlenen Navis geschieht nach Erkenntnissen der Polizei fast ausschließlich über Internetplattformen statt. Dabei bringen Geräte, deren Artikelstandort in Deutschland ist, deutlich mehr Geld. „Damit sie einer polizeilichen Überprüfung standhalten, müssen sie eine Gerätenummer haben, die von einem Navi stammt, das nicht als gestohlen gemeldet wurde und damit nicht zur Fahndung ausgeschrieben wurde“, so ein Beamter. „Das geht nur, wenn man die in der Regel eingravierte Gerätenummer aufwendig fälscht und eine Nummer eines nicht gestohlenen Gerätes eingraviert oder wenn man ein gestohlenes Gerät hat, dessen Besitzer nicht gemerkt hat, das es gestohlen wurde.“
Die gestohlenen Geräte landeten, so die Experten der Polizei, meistens in den Fahrzeugen von Bestohlenen. Denn diese bekommen von der Versicherung immer nur den Zeitwert ersetzt. Und ihre Bereitschaft, mehrere Hundert Euro selbst zu übernehmen, um ein neues Gerät zu bekommen, ist in vielen Fällen gering. Deshalb besorgen sich die Opfer eines Navi-Diebstahls gern ein gebrauchtes Navi über die einschlägigen Verkaufsplattformen.
Die Chance, dabei ein „sauberes“ Navi zu bekommen, ist gering. Auf dieses Kriminalitätsfeld spezialisierte Beamte wissen: Neun von zehn über Internetplattformen angebotene Navigationsgeräte, die unter dem normalen Verkaufspreis zu bekommen sind, sind gestohlen.
In Hamburg sind der Polizei bislang nur Einzelfälle bekannt, bei dem bei einem Autoaufbruch ein zuvor gestohlenes baugleiches Navigationsgerät wieder eingebaut wurde. Experten wundert das nicht. Denn das Opfer hat eigentlich nur eine Chance, es zu erkennen. In einem solchen Fall würden alle individuellen Einstellungen wie festgelegte Zielorte fehlen.
Nach dem Hamburger Fall hatten die Experten aus Passau alle von dem Hehler angebotenen Geräte überprüft. Alle, so stellte sich heraus, waren beim Diebstahl durch ein zuvor gestohlenes Navi ersetzt worden. Kein einziges Opfer dieser dreisten Masche hatte das bemerkt.
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